Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe

Wiesenbewässerung in den Queichwiesen zwischen Landau und Germersheim

Die landwirtschaftliche Kulturtechnik der Wiesenbewässerung basiert auf einem nachhaltigen Umgang mit der natürlichen Ressource Wasser. Bis heute wird die Tradition durch das Engagement von Landwirten, Vereinen und Stiftungen lebendig gehalten und im Rahmen von Führungen und interaktiven Ausstellungen weitergegeben. Dabei stehen das Wissen um Naturschutz, Naturkunde und Biodiversität genauso im Fokus wie dessen praktische Anwendung.

Illustration Immaterielles Kulturerbe

Fakten

  • Aufnahmejahr: 2018
  • Verbreitung: entlang der Queich, von Landau bis Bellheim im Bundesland Rheinland-Pfalz
  • Zentraler Termin: ganzjährig
  • Bereich: Wissen und Bräuche in Bezug auf die Natur und das Universum, traditionelle Handwerkstechniken, mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksweisen

Kontakt

Interessengemeinschaft Queichwiesen
Pirmin Hilsendegen
E-Mail
Homepage

Seit über 500 Jahren ist die Wiesenbewässerung von großer Bedeutung für die landwirtschaftliche Kulturtechnik sowie für die Bevölkerung. Die Wiesenbewässerung erfolgt heute noch entlang der Queich, einem Nebenfluss des Rheins. Sie wird in den Gemarkungen von Landau bis Bellheim im Bundesland Rheinland-Pfalz betrieben. Das für diese Praxis erforderliche Wissen und Können im Umgang mit der Natur wird seit dem Mittelalter von Generation zu Generation tradiert.

Die traditionelle Wiesenbewässerung wird heute als Bewirtschaftung der Wiesen mit Frühjahrs- und Sommerbewässerung durchgeführt. Sie folgt der Technik der Staugrabenberieselung. Dazu wird Wasser innerhalb von ein bis drei Tagen aus der Queich durch Auslass-Schleusen in die Bewässerungsgräben geleitet. Mit Hilfe von Schließen tritt das gestaute Wasser über die Grabenschulter in die Wiesenflächen, durchrieselt die Grasnarbe und infiltriert den Boden. Hierfür verlangt die traditionelle Bewässerung von den Beteiligten spezifische Erfahrungswerte und Wissen bezüglich der Zusammenhänge von Umweltfaktoren. Die Methode ist sehr umweltfreundlich und trägt so zu einem nachhaltigen Umgang mit der Natur bei.  

Die von den Kommunen beauftragten Wiesenwässerer erhalten Unterstützung durch Landwirte und ehrenamtliche Helfer. Die Unterhaltung des Bewässerungssystems wird weitgehend über eine „Feldhutabgabe“ der Landwirte finanziert und von den Kommunen durchgeführt. Für die Beteiligten sind die Arbeiten am Gemeinwerk, die kooperativen Strukturen und die daraus resultierende Kulturlandschaft identitätsstiftend. Die Queichwiesen mit ihrer Bewässerung sind ein Alleinstellungsmerkmal der Region. In der lokalen Bevölkerung und bei Touristen erfreuen sich die Wiesen zunehmender Aufmerksamkeit als wiederentdeckte, regionale Besonderheit. Die Mitglieder der Interessengemeinschaft Queichwiesen pflegen dieses lebendige kulturelle Erbe stellvertretend für die gesamte einheimische Bevölkerung. Naturschutz und Landwirtschaft profitieren gleichermaßen von der Wiesenbewässerung.

Neben naturschutzfachlichen Gründen und dem guten Heuertrag für Bauern, der trotz Verzicht auf Düngung möglich ist, bieten die Wiesen zur Sommerzeit ein idyllisches Naturspektakel. Vor ihrem Zug nach Süden sammeln sich hunderte von Störchen in den Wiesen zur Sommerbewässerung, um Nahrung zu suchen. Dieses Phänomen findet immer mehr Aufmerksamkeit bei Bevölkerung und Touristen. Die Trägergemeinschaft ist grenzüberschreitend im paneuropäischen Programm zur Förderung von traditionellen Bewässerungstechniken aktiv und vernetzt. Ihr Engagement leistet nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität, sondern interessiert auch breite Bevölkerungsschichten für Naturkunde und Nachhaltigkeit.

Publikation

Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe - Jubiläumsausgabe.
Deutsche UNESCO-Kommission, 2023

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