UNESCO-Welterbe Stiftskirche, Schloss und Altstadt von Quedlinburg

Sinnbild mittelalterlicher Fachwerkstädte

Quedlinburg liegt nur einen ‚Hexensprung‘ vom Brocken entfernt auf der östlichen Seite des Harzes. Mit seinen über 1.300 gut erhaltenen Fachwerkhäusern aus sechs Jahrhunderten bietet Quedlinburg ein außergewöhnliches Beispiel für eine europäische mittelalterliche Stadt (Aufnahmekriterium iv).

Sie war im Mittelalter eine der wichtigsten Königs- und Kaiserpfalzen und eine wohlhabende Handelsstadt. Altstadt und Neustadt verschmolzen 1330 zu einer Doppelgemeinde mit gemeinsamer Stadtmauer. Dieses zusammenhängende städtische Gefüge mit vier alten Pfarreien und den alten Fachwerkhäusern bestimmen den Charakter des Ortes. Vom Schlossberg aus schaut man auf ein schiefverwinkeltes Spitzgiebel- und Türmchengewirr. Infolge der einseitigen Baupolitik in der ehemaligen DDR mit ihrer Orientierung auf industrielles Bauen wurde die Pflege der Fachwerkhäuser vernachlässigt. Durch den Widerstand der Bürger in der Zeit der politischen Wende im Herbst 1989 konnten großräumig geplante Abrisse im Nordteil der Altstadt verhindert werden. Nach dem Abbruchstopp erfolgten 1990 erste Sanierungsarbeiten. Seitdem werden zunehmend Fachwerkhäuser repariert und modernisiert.

Die außergewöhnliche und weltweite kulturelle Bedeutung Quedlinburgs beruht auf dem Einfluss der sächsisch-ottonischen Herrscherdynastie auf Entwicklung und Architektur der Stadt. Nach der Krönung Heinrichs (876 bis 936), dem ersten deutschen König aus der sächsischen Dynastie, wurde die königliche Residenz Quedlinburg Hauptstadt des Ostfränkischen Reichs. Sichtbares Zeugnis dieser Dynastie ist die St. Servatius geweihte Stiftskirche, die im Mittelalter eine der am höchsten geschätzten Kirchen des Reiches war. Ihre Krypta mit dem Kreuzgewölbe, den Kapitellen, Gräbern und Wandmalereien stellt eines der bedeutendsten Denkmäler der Kunstgeschichte aus dem 10. bis 12. Jahrhundert dar und beherbergt neben Aachen und Halberstadt den wertvollsten Kirchenschatz des Mittelalters.

Die Bedeutung Quedlinburgs als Denkmal städtischer Architektur basiert auf der Erhaltung der Stadtmauer aus dem Jahr 1330, auf den noch immer bestehenden Beziehungen zwischen den alten Pfarreien St. Ägidius, St. Blasius, St. Benedictus und St. Nikolaus sowie der städtischen Bebauung mit mittelalterlichen und nachmittelalterlichen Fachwerkhäusern.

 

Illustration Welerbestätten

Fakten

Der Glanz der Stadt Quedlinburg zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert zeigt sich in den Gebäuden auf dem Schlossberg. Der Grundriss und einige sehr wahrscheinlich originale Stücke innerhalb der Häuser stammen noch aus der ihn umgebenden Residenzstadt der Zeit. Aus dem Markt mit den Kaufleuten und Handwerkern im Westen und später im Norden des Schlossbergs und den kleineren Siedlungen entstand die Stadt Quedlinburg. Quedlinburg erlebte während und unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg einen wirtschaftlichen Aufschwung, im Zuge dessen zwischen 1620 und 1720 mehr Fachwerkhäuser als in jeder anderen vergleichbaren Stadt in der Region gebaut wurden.

Quedlinburg ist Sitz der Geschäftsstelle des UNESCO-Welterbestätten Deutschland e.V. Der Verein und die in ihm zusammengeschlossenen deutschen Welterbestätten bemühen sich gemeinsam, einen nachhaltigen, denkmal- und naturschutzverträglichen Tourismus in Deutschland zu fördern. Die Stadt engagiert sich auch im Arbeitskreis Welterbe-Altstädte des Deutschen Städtetages sowie international im Netzwerk der UNESCO-Welterbestädte (OWHC). Ziel dieses Netzwerks ist es, die Zusammenarbeit von UNESCO-Welterbe-Städten in Denkmalpflege und Management zu fördern. Auf diese Weise soll die Solidarität unter den Welterbe-Städten weltweit gestärkt werden.  

In der Welterbestadt aktiv ist auch die Jugendbauhütte Quedlinburg der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Junge Menschen können in der Welterbestadt traditionelle Handwerkstechniken erlernen, sie am Original anwenden und das Besondere des Echten und Authentischen mit eigenen Händen spüren und erfahren. Die Weitergabe traditionellen Handwerkskönnens ist auch für die Baudenkmäler selbst von Bedeutung: Nur mit Hilfe dieses Könnens und Wissens kann sichergestellt werden, dass gebautes Erbe langfristig erhalten und restauriert werden kann.

Perspektiven

Katrin Kaltschmidt, Welterbe-Koordinatorin der Stadt Quedlinburg
Katrin Kaltschmidt

Publikation

Welterbe in Deutschland. Deutschsprachige Sonderausgabe der Zeitschrift 'World Heritage', Nr. 76, des UNESCO-Welterbezentrums.
UNESCO; Deutsche UNESCO-Kommission, 2014

Iframe entriegeln und Cookies akzeptieren

weitere Artikel

Muskauer Park / Park Mużakowski
Fürst Pückler Park Bad Muskau

Welterbe in Deutschland

Muskauer Park / Park Mużakowski

Der Muskauer Park / Park Mużakowski ist ein außergewöhnliches Beispiel der europäischen Landschaftsparkgestaltung und bildet seit 2004 eine grenzüberschreitende Welterbestätte.
weiterlesen
Luthergedenkstätten in Eisleben und Wittenberg
Luther-Statue in Wittenberg

Welterbe in Deutschland

Luthergedenkstätten in Eisleben und Wittenberg

Die Luthergedenkstätten in Eisleben und Wittenberg sind Orte entscheidender Ereignisse der Reformation und als solche von herausragender Bedeutung für das politische, kulturelle und spirituelle Leben der westlichen Welt.
weiterlesen