Pressemitteilung,

Sieben Neuaufnahmen in Deutschlands Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes

Hebammenwesen und Bauhüttentradition für internationale UNESCO-Listen nominiert

Der Further Drachenstich, Künstlerische Drucktechniken sowie zwei weitere Traditionen und Wissensformen zählen seit heute zum Immateriellen Kulturerbe in Deutschland. Drei Modellprojekte wurden als „Gute Praxis-Beispiele der Erhaltung Immateriellen Kulturerbes“ anerkannt. Beschlossen wurde heute ebenfalls die Nominierung des Hebammenwesens für die internationale UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes sowie eine Beteiligung Deutschlands an einer Mehrländernominierung der Bauhüttentradition im Jahr 2019.

Prof. Dr. Christoph Wulf, Vizepräsident der Deutschen UNESCO-Kommission und Vorsitzender des Expertenkomitees Immaterielles Kulturerbe, betont: „Die Neueinträge in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes zeigen den kulturellen Reichtum in Deutschland. Sie machen deutlich, wie viele Menschen jeden Tag kreativ tätig sind, ihr Wissen und Können fortentwickeln und weitergeben und so einen unverzichtbaren Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft leisten.“

Die sieben Neuaufnahmen in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes:

Hebammenwesen wird 2019 für internationale UNESCO-Liste nominiert

Im März 2019 wird Deutschland das Hebammenwesen für die internationale UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes nominieren. Eine Entscheidung zur Aufnahme in die Liste fällt Ende 2020. Die Kulturform wurde im Jahr 2016 in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Prof. Dr. Christoph Wulf, Vorsitzender des Expertenkomitees Immaterielles Kulturerbe, zur Nominierung für die UNESCO-Liste: „Etwa 20.000 Hebammen in ganz Deutschland leisten jeden Tag sehr wertvolle Arbeit. Ihr Wissen und ihre weitreichenden Fähigkeiten sind essenziell für Geburten hierzulande, aber auch in vielen anderen Teilen der Welt. Doch führen heute in Deutschland Überlastung und hohe Haftungsrisiken zu oft schwierigen Arbeitsbedingungen für Hebammen. Mit der Nominierung dieser Kulturform für die internationale UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes wollen wir einmal mehr auf die sehr wertvollen Kompetenzen der Hebammen sowie auf die Notwendigkeit der Erhaltung und Weitergabe ihres Wissens und Könnens aufmerksam machen.“

Hebammen betreuen Frauen während der Schwangerschaft, begleiten sie durch die Geburt und stellen die Nachsorge im Anschluss sicher. Sie verfügen über fundamentales medizinisches, anatomisches und geburtshilfliches Wissen, das seit Jahrhunderten weitervermittelt wird. Eines der ältesten Zeugnisse der Hebammenkunst ist eine Tempelmalerei aus dem 3. Jahrtausend v. Chr., das die Drillingsgeburt der Pharaonenkinder des ägyptischen Sonnengottes Re zeigt. Bedeutende Entwicklungen in Deutschland waren die wahrscheinlich früheste Berufsordnung für Hebammen von 1452 in Regensburg und das erste Hebammenlehrbuch, das Justina Siegemund 1690 in deutscher Sprache verfasste. Heute werden angehende Hebammen in Deutschland in 1.600 Theorie- und 3.000 Praxisstunden an einer Hebammenschule oder Hochschule ausgebildet.

Bauhüttenwesen wird 2019 international als beispielgebendes Modell nominiert

Ebenfalls im März 2019 wird Deutschland gemeinsam mit Frankreich und weiteren Staaten das „Bauhüttenwesen“ für das UNESCO-Register Guter Praxis-Beispiele der Erhaltung Immateriellen Kulturerbes nominieren. Die Bauhütten sind Kompetenzzenten für Naturstein, in denen das Wissen der Steinbearbeitung seit Jahrhunderten bewahrt, weiterentwickelt, erprobt, dokumentiert und an künftige Generationen vermittelt wird. Mit den zahlreichen Dokumentations- und Erhaltungsaktivitäten, der Jugend- und Vermittlungsarbeit, der Vernetzung mit der jeweiligen Bürgerschaft der Stadt, der Industrie und Bauhütten in anderen Städten und Ländern ist das Bauhüttenwesen ein beispielhaftes europäisches Modell für die Bewahrung und nachhaltige Pflege Immateriellen Kulturerbes.

Hintergrundinformationen zum Immateriellen Kulturerbe

Seit 2003 unterstützt die UNESCO den Schutz, die Dokumentation und den Erhalt von Kulturformen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. 470 Bräuche, Darstellungskünste, Handwerkstechniken und Naturwissen aus aller Welt stehen derzeit auf den drei UNESCO-Listen, darunter drei Kulturformen aus Deutschland. Bis heute sind 176 Staaten der UNESCO-Konvention zum immateriellen Kulturerbe beigetreten. Deutschland ist seit 2013 Vertragsstaat. Die Konvention sieht vor, dass jedes Beitrittsland ein nationales Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes erstellt. In Deutschland sind darin jetzt 72 Kulturformen sowie sieben „Gute Praxis-Beispiele“, also insgesamt 79 Einträge, verzeichnet.

Weitere Informationen

Bundesweites Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes
FAQ Immaterielles Kulturerbe

Pressekontakt

Deutsche UNESCO-Kommission
Pressesprecherin
Katja Römer
Telefon: +49 228 60497-42
E-Mail: roemer(at)unesco.de