Auf ein Wort,

"Wer für das Welterbe arbeitet, der arbeitet mit Herzblut und Leidenschaft!"

Nico Melchior

Nico Melchior
Projektleiter in der Geschäftsstelle des Zweckverbands Welterbe Oberes Mittelrheintal

Anlässlich der 41. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees fand auf Initiative des Gastlandes Polen vom 30. Juni bis 6. Juli 2017 in Krakau erstmalig ein Site Managers Forum mit über 90 Teilnehmenden aus Welterbestätten weltweit statt.

Warum gab es bei der diesjährigen Welterbekomiteesitzung erstmalig ein Site Managers Forum? Wie setzte sich die Gruppe der Teilnehmenden zusammen und woher stammten sie?

Das Forum geht zurück auf eine Idee des Polnischen National Heritage Board, eine Verbindung zu schaffen zwischen dem Site Management auf lokaler Ebene und der UNESCO-Ebene, sprich dem Welterbesekretariat und den Advisory Bodies. Auf diese Weise können die Erfahrungen des Site Managements „nach oben“ gespiegelt werden und gleichzeitig wurde mehr Verständnis für die Konvention, die Prozesse und Abläufe sowie die Verantwortlichkeiten geschaffen.

Site Manager aus allen Regionen der Welt, insgesamt über 90 Teilnehmende, waren beim Site Managers Forum dabei. Neben polnischen Vertretern waren vor allem Manager aus Stätten eingeladen, deren Berichte zum Erhaltungszustand (State of Conservation Reports, SOC) in diesem Jahr vom Welterbekomitee behandelt wurden. Aus diesem Grund war auch ein Vertreter des Oberen Mittelrheintals eingeladen. Ansonsten war die Gruppe sehr bunt gemischt, mit Vertretern aus Natur-, Kultur- und gemischten Stätten.

Welche Themen wurden dort besprochen?

An den ersten drei Tagen gab es vorwiegend Präsentationen von hochkarätigen Referenten des Welterbezentrums, von IUCN, ICOMOS und ICCROM. Die jeweiligen Zuständigkeiten, Prozesse und einzelne Instrumente wie das Periodic Reporting oder das Informationssystem zu den State of Conservation Reports wurden vorgestellt. Es wurden außerdem einige Fallbeispiele von Welterbestätten präsentiert. Im Anschluss hatten wir die Möglichkeit, an der Welterbekomiteesitzung teilzunehmen, was normalerweise nicht üblich ist für uns Site Manager.

Gibt es Herausforderungen an Welterbestätten, die grenzübergreifend bestehen, oder sind diese eher stättenspezifisch?

Die Herausforderungen sind gewöhnlich je nach Stätte etwas unterschiedlich gelagert und haben teils unterschiedliche Hintergründe. Aber das Spannungsfeld in Bezug auf den Erhalt des Welterbes auf der einen Seite und die Entwicklung auf der anderen Seite – sei es durch Brückenbau, Hotelbauten, Stadtentwicklung, touristische Entwicklung oder Ähnliches – ist ein Thema, das zahlreiche Stätten betrifft. Auch werden überall die Partizipation der Bevölkerung, das Verständnis für die Stätte in der Bevölkerung und die Einbindung ganz unterschiedlicher Akteure thematisiert. Dies sind globale Themen, die in verschiedenen Ausformulierungen weltweit eine Rolle spielen.

Hat Ihnen das Forum geholfen, Lösungsansätze zu finden?

Man konnte einige Ideen mitnehmen, aber natürlich nicht die eine Lösung, die perfekt für uns passen würde. Eine sehr gute Erkenntnis beziehungsweise Entdeckung für mich persönlich ist das State of Conservation Informationssystem. Auf der Webseite der UNESCO kann man sich, sortiert nach Welterbestätten, Jahren oder Themen, Dokumente zu einzelnen Projekten, Entwicklungen oder Bedrohungen ansehen und nachlesen, wie die Welterbestätten damit umgegangen sind. Dadurch hat man die Möglichkeit zu schauen, wer in der Vergangenheit mit einer ähnlichen Herausforderung zu tun hatte, welcher Lösungsansatz gewählt wurde und wie beispielsweise die Bewertung von ICOMOS und die Entscheidung des Welterbekomitees ausgefallen sind. Dies ist sehr hilfreich. Über solche Foren kommt man mit anderen Site Managern in Kontakt und kann Netzwerke bilden, die erlauben, auch bei Kollegen einfach mal nachzufragen. Dies ist auf jeden Fall ein großer Gewinn.

Ist das Forum somit auch der Anfang eines Netzwerkes zwischen den Site Managern?

Wir haben mehrfach während der Komiteesitzung gehört, dass man sich vorstellen kann, diese Veranstaltung fortzusetzen. Aus meiner Sicht wäre dies eine gute und notwendige Sache, damit man auch diese Ebene stärker miteinander ins Gespräch bringt. Im europäischen Kontext sind wir schon über verschiedene Programme, beispielsweise durch das INTERREG-Projekt ViTour, gut vernetzt, was sehr positiv ist, um sich auszutauschen und gemeinsame Projekte zu entwickeln. Dies auf die internationale Ebene zu heben, ist natürlich mit Aufwand verbunden, wäre aber sehr nützlich.

Was finden Sie besonders wertvoll und interessant am Welterbe?

Ich glaube, wer im und für das Welterbe arbeitet, der arbeitet mit Herzblut und Leidenschaft! Dies hat man auch bei allen Teilnehmenden des Site Managers Forum gemerkt. Man identifiziert sich mit den Kerngedanken des Welterbes – das gilt auch für uns im Oberen Mittelrheintal.

Kann das Welterbe ein besonderes Potenzial haben, insbesondere angesichts der aktuellen weltweiten Lage und des Rückzugs ins Nationale an vielen Stellen, wieder mehr Verständnis füreinander zu schaffen? Können auch solche Foren dazu beitragen?

Ich glaube ja! Die sehr gute Resonanz auf das Side Event der Deutschen UNESCO-Kommission am Rande der Welterbekomiteesitzung zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von Welterbestätten, an dem auch zahlreiche Site Manager aus eben solchen Stätten teilgenommen haben, zeigt, dass Weltkultur- und Weltnaturerbe nicht in Grenzen zu fassen ist. Damit ist es vielleicht auch ein Gegenkonzept zu manchen politischen Entwicklungen unserer Zeit.

Publikation

Konferenzbericht: Perspektiven der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Welterbe - Ein Erfahrungsaustausch in und mit Deutschland.
Deutsche UNESCO-Kommission, 2017

Sitzungen des Welterbekomitees
Pressekonferenz zur Eröffnung der 41. Sitzung des Welterbekomitees

Welterbe international

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Das UNESCO-Welterbekomitee ist das wichtigste mit der Umsetzung der Welterbekonvention betraute Gremium. In seinen jährlichen Sitzungen entscheidet es unter anderem über Neueinschreibungen, Einschätzungen zum Erhaltungszustand und die Liste des Welterbes in Gefahr.
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