Der englische Lake District

Impuls für Landschaftsschutz und -gestaltung

Die Schönheit der Landschaft im englischen Lake District im Nordwesten Englands ist das Ergebnis des über tausendjährigen Zusammenwirkens von Mensch und Natur. Als wichtiger Impulsgeber in der Geschichte der Landschaftsgestaltung und Kristallisationspunkt früher Ideen zu Landschafts- und Naturschutz wurde der englische Lake District bei der 41. Sitzung des Welterbekomitees in die Welterbeliste der UNESCO eingeschrieben.

Faktenbox

Die natürliche Landschaft des Lake District, bestimmt durch in der Eiszeit geformte Berge, enge Täler und Seen, wurde über Jahrhunderte hinweg durch die agrarische Nutzung, insbesondere pastorale Landwirtschaft, beeinflusst. Jedes der dreizehn Täler des District weist auf Grund von Unterschieden in Topographie und Geologie spezifische Eigenheiten auf, die sich zu einem harmonischen Gesamtbild der Region zusammenfügen.

Die besondere Schönheit des englischen Lake District zog ab dem 18. Jahrhundert die Aufmerksamkeit von Künstlern der britischen Romantik an. Sie trugen zur Anerkennung des intrinsischen Wertes von Landschaften und ihrer Schönheit bei und waren Impuslgeber für die Idee einer emotionalen Bindung des Menschen an Natur und Landschaften. Gleichzeitig entstand der Gedanke, dass alle Menschen ein Recht darauf haben, diese Kulturlandschaften zu erleben sowie das Bewusstsein für die Notwendigkeit ihrer Bewahrung (Kriterium ii). Die daraus entstandenen Überzeugungen und Maßnahmen beförderten die Einrichtung sogenannter National Trusts in Großbritannien zum Schutz der kulturellen Landschaften und waren entscheidend für die Entwicklung des Landschaftsschutzes auf internationaler Ebene (Kriterium vi).

„The English Lake District and its current land use and management exemplify the practical application of the powerful ideas about the value of landscape which originated here and which directly stimulated a landscape conservation movement of global importance”

(Statement of Outstanding Universal Value, 2017).

Traditionelle Weidewirtschaft als gestaltender Faktor

Der englische Lake District ist ein einmaliges Beispiel für eine durch nordeuropäische Hochlandweidewirtschaft geprägte Landschaft (Kriterium v). Menschliche Präsenz in der Gegend ist ab der Zeit um 11.000 v. Chr. belegt. Mit der Einnahme der Region durch die Normannen im Jahr 1092 begann die Entwicklung der bis heute bestehenden Siedlungs- und Landwirtschaftsstrukturen. Diese drücken sich aus in einer Unterteilung der Täler in die für Nahrungsanbau, Heuproduktion und als Winterweiden genutzten Talsohlen, gekennzeichnet durch ummauerte Felder (sogenannte „inbye“) und die offenen Weideflächen an den Hängen.

Dieses System ist auf Grund eines bereits vor Jahrhunderten speziell eingerichteten Besitzrechtes in der Region bis heute erhalten. Die Formung der Landschaft durch diese Bewirtschaftungsart wurde ab der künstlerischen Entdeckung des Lake District durch bewusste gestalterische Maßnahmen ergänzt. So wurden Villen und Parks angelegt, um die natürliche Schönheit der Landschaft in ihren romantischen Aspekten zu verstärken.

Auszug aus dem Outstanding Universal Value, 2017

"Its narrow, glaciated valleys radiating from the central massif with their steep hillsides and slender lakes exhibit an extraordinary beauty and harmony."

"Seine engen, vergletscherten Täler, die von einem zentralen Massiv mit steilen Hängen und schlanken Seen ausgehen, weisen eine außerordentliche Schönheit und Harmonie auf."

Kulturlandschaften auf der Welterbeliste

Der englische Lake District verdeutlicht das Zusammenspiel von Mensch und Natur und ist eine Kulturlandschaft im Sinne der Welterbekonvention von 1972. Seit 1992 werden Kulturlandschaften, die auf außergewöhnliche Weise von den vielfältigen Austauschbeziehungen zwischen Mensch und Natur zeugen, als besondere Art des Kulturerbes anerkannt. Kulturlandschaften zeichnen sich oftmals durch nachhaltige, die biologische Vielfalt bewahrende Bewirtschaftungsformen aus, wodurch der Schutz der Landschaften zugleich einen Beitrag zum Erhalt der weltweiten Biodiversität leistet.

Die Richtlinien für die Durchführung der Welterbekonvention (Anlage 3) unterscheiden drei Kategorien von Kulturlandschaften: (i) bewusst durch den Menschen angelegte Landschaften, beispielsweise Parks und Gärten; (ii) Landschaften, die aus der menschlichen Besiedlung und Nutzung innerhalb der durch die Natur gesetzten Grenzen und Gegebenheiten entstanden sind; (iii) Landschaften, denen besondere kulturelle, religiöse oder künstlerische Werte zugesprochen werden. Heute stehen insgesamt über 90 Kulturlandschaften in der UNESCO-Welterbeliste, darunter die Stätten Gartenreich Dessau-Wörlitz, Oberes Mittelrheintal, Muskauer Park und Bergpark Wilhelmshöhe in Deutschland.

Porträtserie

Im Rahmen der 41. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees im Juli 2017 in Krakau wurden 21 Stätten neu in die Liste des Welterbes aufgenommen. In ihrer Gesamtheit versinnbildlichen sie die Vielfalt und Bandbreite des gemeinsamen Erbes der Menschheit, dessen Erhaltung und Pflege sich die internationale Staatengemeinschaft 1972 mit dem "Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" verschrieben hat.

Porträtserie

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